Unterabschnitte
Musterbildung bei Drosophila
Die Entwicklung von Drosophila beginnt mit drei durch jeweils eine
Häutung voneinander abgegrenzten Larvenstadien, auf die dann eine
Verpuppung folgt. In dieser wird der Körper radikal umorganisiert und
bringt dann schliesslich die fertige Fliege hervor.
Das Ei von Drosophila beginnt seine Entwicklung mit einer Reihe von
Kernteilungen, die eine Syncytium bilden. Die Kerne wandern dann zur
Oberfläche und bilden ein Monolayer, dessen Kerne nach weiteren Kernteilungen
von den sich nach Innen stülpenden Plasmamembranen umschlossen
werden.
Ab jetzt erfolgt die Zellteilung langsamer und asynchron; die
Transkription beginnt langsam. Dieser Zustand entspricht der Blastula
der Amphibien, obwohl der innere Hohlraum mit Dotter und nicht mit
Flüssigkeit gefüllt ist. Der Darm bildet sich durch Einstülpung des
Endoderms. Am Ende der Gastrulation markieren Einstülpungen der
Oberfläche bereits die weitere Aufteilung des Körpers.
Die Eipolaritätsgene sind in zwei Gruppen zu unterteilen. Die eine
Gruppe bestimmt den dorsoventralen Gradienten, die andere den
anterior-poarterioren Gradienten.
Der Verlust von Genen die für die dorso-ventrale Koordination
verantwortlich sind führt zu einer dorsalisierten oder
ventralisierten Variante, die entweder nur dorsale oder nur ventralen
Zellen enthält.
Das anterior-posteriore System kann hingegen in drei Gruppen
unterteilt werden. Die anteriore Gruppe von vier Genen beherrscht den
vorderen Teil, die posteriore mit 11 Genen den hinteren Teil und die
terminale Gruppe beherrscht mit 6 Genen die Enden, an denen der Darm
entsteht.
Um die dorsoventrale Achse auszubilden setzen die Follikelzellen ein
Signalmolekül frei. Die Rezeptoren der Eiaussenseite binden an diese
und regulieren so die Verteilung des Genproduktes. Dies führt dazu,
dass das zugehörige Genregulatorprotein im Verlauf der Achse
unterschiedlich zwischen Kern und Plasma verteilt sind und so die
Genexpression und - zusammen mit anderen Faktoren - die
dorso-ventrale Achse gebildt wird.
Die Gene, die für die Ausbildung des posterioren Systems
verantwortlich sind, sind auch dafür verantwortlich, dass sich bereits
in einem sehr frühen Stadium die Gameten der nächsten Generation von
den restlichen Zellen absondern und im Lauf der Entwicklung die
Keinzellen bilden.
Wenn man in den anterioren Teil des Eies Cytoplasma aus dem
posterioren Bereich injiziert, führt das dazu, dass sich ein zweites
Abdomen mit umgekehrter Polarität bildet.
Die Ausbildung der posterioren Struktur beruht demnach auf einem
Produkt, das an der Spitze des späteren Abdomens gebildet wird.
Die Ausbildung des Vorderendes wird von einem Gen, bicoid genannt,
kontrolliert. Dessen mRNA wird von den Nährzellen synthetisert und
verbleibt, wenn es in die Eizelle eingebracht wird, an die Membran
geheftet. Diese wird dann nach der Ablage des Eies translatiert und
produziert so einen Gradienten, der anterior sein Maximum hat.
Durch diesen Gradienten werden die Körpersegmente von Drosophila
erstellt. Die eigentliche Segmentierung wird durch die Bildung von
unterschiedlichen Segmentierungsgenen eingeleitet.
Die Segmentierungsgene lassen sich in drei Klassen unterteilen:
Die Lücken-Gene markiern die grobe Unterteilung des Embryos. Bei
Mutationen in diesem Gen fehlen gleich mehrere Segmente.
Nach den Lücken-Genen wird ein Satz von Paar-Regel-Genen aktiv, bei
deren Mutation jedes zweite Segment fehlt.
Die dritte Gruppe sind die Segmentpolaritätsgene, deren Mutation die
Segmente verkürzt und durch ein spiegelbildliches Duplikat des
restlichen Segmentes ersetzt.
Dadurch, dass die lokale Expression durch eine hierarchische Struktur
von Gradienten ausgelöst wird müssen einzelne Zellen nicht auf die
feinen Unterschiede eines lang angelegten Gradienten achten.
Dies wird dadurch umgesetzt, dass ein Genprodukt die Expression eines
anderen kontrolliert sich so z.B. durch wechselseitige Hemmung scharfe
Genzen ausbilden können.
Das Muster der drei oben genannten Gene wird also durch andere Gene
umgesetzt und durch diese in der Struktur der Zelle ,,
gespeichert``.
Homöotische Selektor-Gene
Schon sehr früh fand man bei Drosophila Mutationen, die Körperteile an
der falschen Stelle (Beine an der Stelle von Antennen) erscheinen
liessen. Diese Strukturen werden homöotisch genannt.
Die Kontrolle dieser Strukturen obliegt den homöotischen
Selektor-Genen.
Die hier betrachteten Gene liegen alle in dem bithorax- oder dem
Antennapedia-Komplex. Die Gene des ersteren kontrollieren die
Unterschiede zwischen Abdominal- und Thoraxsegmenten, während letztere
die Unterschiede zwischen Throax- und Kopfsegmenten kontrollieren. Bei
anderen Insekten liegen die beiden Komplexe innerhalb eines einzigen
HOM-Komplexes.
Larven ohne bithorax-Komplex haben einen normalen Kopf und auch die
ersten vier Parasegmente sind normal. Alle weiteren hingegen
entsprechen diesem vierten Parasegment. Das bedeutet, dass ohne diese
Gene die Unterschiede zwischen den Segmenten verschwinden.
Innerhalb der beiden Komplexe - respektive innerhalb des
HOM-Komplexes - gibt es acht homöotische Selktor-Gene.
Diese Gene werden von den Eipolaritätsgenen bicoid, hunchback und
even-skipped kontrolliert. Nicht geklärt ist, ob die Tatsache, dass
diese Gene so angeordnet sind, wie sie hinterher räumlich exprimiert
werden Zufall ist oder ob es dahinter einen funktionellen Zusammenhang
gibt.
Diese Gene bilden das Positionsgedächnis der Zelle. Dies ist bei
einigen auf eine positive Rückkopplung gelöst. Die weiteren
Mechanismen, wie das Gedächtnis gebildet wird, sind noch nicht
bekannt.
Die inneren wie die äusseren Organe der erwachsenen Fliege entwickeln
sich aus sogenannten Imaginalscheiben, Zellscheiben, die sich an
bestimmten Stellen der Larve bilden. In diesen Scheiben ist bereits
die Positionsinformation gespeichert.
Die Expression der Selektor-Gene ist räumlich scharf begrenzt und auch
z.B. im Flügel auf das Kompartiment aus dem dieser stammt begrenzt.
So wird beim Flügel die eine Hälfte von dem einen, die andere von
einem anderen Segment gebildet.
Die morphogenetischen Signale, mit denen die Imaginalscheiben diesen
Prozess kontrollieren sind zwar teilweise bekannt, aber noch
unverstanden.
Die sensortischen Borsten der Zelle unterscheiden sich in mehrere
Typen, die aber alle aus einem Typ von Mutterzelle der Imaginalscheibe
hervorgehen. Die Ausprägung der Borsten wird von zwei Genen achaete
und scute gesteuert. Zellen, die diese beiden Gene exprimieren werden
als Proneurale Zellen bezeichnet.
Ein Borstenfeld wird durch einen grossen Zellenhaufen mit mehreren
sensorischen Mutterzellen erstellt. Dieser Mechanismus wird auch im
Nervensystem angewendet und beruht auf dem achaete-scute-KOmplex und
Genen, die eine laterale Inhibition der umliegenden Zellen
herbeiführen. Die Gene für die laterale Hemmung werden auch neurogene
Gene genannt und bilden eine Familie mit mindetstens sieben
Mitglieder.
Die dem HOM-Komplex der Insekten homologe Struktur der Säuger findet
man bei der Maus in vier Komplexen auf vier Chromosomen verteilt. Sie
werden HoxA bis HoxD genannt. Auch hier deckt sich die chromosomale
mit der anatomischen Anordnung. Die Hox-Gene legen, wie auch die
HOM-Gene einen spezifischen Postitionsmarker einer jeden Zelle fest.
Diese Kontollfunktion konnte man mit Hilfe der Transfektion von
falschen Genen (Hox-Gen des zweiten Zehs in den Zellen des ersten)
nachweisen. Unklar bleibt jedoch, wie diese Hox-Gene reguliert
werden.
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