Unterabschnitte
Embryonalentwicklung der Tiere
Frühe Entwicklung des Eis
Das Ei der Amphibien gliedert sich durch eine unterschiedliche
mRNA-Ausstatttung und einen unterschiedlichen Dottergehalt in einen
vegetativen und einen animalen Pol.
Diese Assymetrie ist ausreichend, um die anterior-posteriore Achse vom
Kopf zum Schwanz zu definieren. Durch die Befruchtung rotiert die
äussere aktinreiche Hülle ein Stück und schafft so eine weitere
Assymetrie, die die dorso-ventrale Körperachse definiert (Rücken -
Bauch).
Anfangs teilen sich die Zellen schnell, ohne zwischenzeitlich zu
Wachsen oder neue Proteine zu synthetisieren. Erst wenn ein kritisches
Level an DNA im Cytoplasma ergibt stoppt die Zellteilung. Dieses
Stadium wird Mittblastula-Übergang genannt.
Im Blastulastadium sind die Zellen nicht mehr durch Gap Junctions
verbunden, dafür nach aussen hin durch eine Reihe von Tight Junctions
abgeschlossen. Ab dem 16-Zell-Stadium pumpen die Zellen Natriumionen
aus der Zelle. Durch den daraus folgenden Wasserausstrom entsteht das
Blastocoel.
Die darauf folgende Gastrulation beginnt damit, dass sich Zellen des
vegetativen Pols einstülpen und so den Darm bilden. Einige Zellen
entkommen dem sich einstülpenden Epithel und bilden das Mesenchym.
Dadurch bilden sich drei Schichten: Innen das Endoderm, aussen das
Ektoderm und dazwischen das Mesoderm. Bei Xenopus helfen die
Flaschenzellen, Zellen mit einem breiten Zellkörper und engen Hälsen
dabei, das Epithel zur Krümmung zu bringen.
Bei Xenopus spiel die Blastopore oder Invaginationsfalte seitlich des
vegetativen Pols eine Schlüsselrolle bei diesem Prozess. Sie
determiniert die Körperlage und organisiert die Entwicklung und wird
deshalb auch Organisator genannt. Durch Transplantation einer zweiten
Blastoporenlippe erhält man siamesische Zwillinge.
Durch Signale des Organisators differenziert sich das Mesoderm weiter
aus. Nach der Gastrulation bildet sich unterhalb des Organisators aus
dessen Zellen das Notochord, eine zentrale Körperachse, die die
lateralen Hälften voneinander trennt und den Vorläufer der Chorda
darstellt.
Aus dem Mesoderm entwickeln sich Muskeln, Knochen, Herz und
Urogenitalsystem. Das Ektoderm bedeckt den Embryo als eine Form der
Epidermis und schnürt in der zentralen Region in dem Prozess der
Neurulation das Neuralrohr ab. Das Neuralrohr wird dann zu Gehirn und
Rückenmark. Entlang des Neuralrohrs reissen sich mehrere Zellen der
Epidermis von dieser los, wandern in das Mesoderm und bilden die
Neuralleiste, aus der später das periphere Nervensystem entsteht. Die
Sinnesorgane entwickeln sich ebenfalls aus dem Ektoderm.
Auf den beiden Seiten des Neuralrohrs lagert sich mesodermales Gewebe
an, das sich dann durch einen noch unverstandenen Prozess in Blöcke,
die sogenannten Somiten, aufteilt. Diese bilden später die Wirbel und
die Muskeln des entsprechenden Segments.
Die Zellen werden über Integrine und die Cadherine aneinander geheftet
und gehen selektiv Wechselwirkungen mit Zellen ihres eigenen Typs ein,
so dass sie sich auch dann wenn man sie durchmischt wieder in einer
dem alten Gewebe nahekommenden Form anordnen.
Bei der wanderung von Zellen spielen Chemotaxis, Interaktion mit dem
Cytoskelett und anderen Zellen eine wichtige Rolle. Des weiteren wird
das Überleben und die Proliferation der Zelle durch einen sogenannten
c-kit-Rezeptor und dessen Interaktion mit dem sogenannten
Steel-Liganden gesteuert.
Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Entwicklung der meisten Tier ähnlich.
Zelldiversifizierung
Alle Zellen des Körpers enthalten das selbe Genom. Die hat man in den
ersten Versuchen durch Transplantation eines Keratinozytenzellkerns in
ein Ei ohne Zellkern beim Frosch nachgewiesen.
Das Ei von Xenopus ist in vielerlei Hinsicht assymetrisch: Durch die
Lage des Kerns, die Verteilung von RNA und Dotter, etc. Wenn nur diese
chemische Assymetrie den späteren Bauplan bestimmt, sprecht man von
einer Mosaik-Entwicklung. Diese findet in der Praxis jedoch nie statt,
sonder es gibt immer auch eine regulative Entwicklung, bei der das
Schicksal der Zellen auch durch Interaktion mit ihren Nachbarn
bestimmt wird.
Die weitere Entwicklung ist sogar zu grossen Teilen von der
Interaktion von Zellen untereinander - der Induktion - abhängig. Bei
Xenopus scheinen in der frühen Entwicklung zumindest drei induktive
Signale zu wirken: aus dem Organisator, aus den ventralen und den
dorsalen vegetativen Blastomeren. Diese Wirkung wird über ein
komplexes Zusammenwirken von mehreren Signalen gewährleistet.
Die hypothetische Substanz, die für die Ausbildung eines solchen
Gradienten verantworlich ist, wird Morphogen genannt. Doch kann dieser
Gradient nicht alleine für die Differenzierung der Zellen
verantwortlich sein. Teilweise wird durch Interaktion mit anderen
Zellen oder durch Interaktion mit dem Cytoskelett das Schicksal einer
Zelle bestimmt.
Ausserdem konnte man feststellen, dass Zellen zu unterschiedlichen
Zeitpunkten unterschiedlich auf ein Signal reagieren. Somit kann das
gleiche induktive Signal zu unterschiedlichen Zeitpunkten eine
unterschiedliche Wirkung haben.
Im Allgemeinen könnte die Differenzierung wie folgt ablaufen:
Zunächst bilden sich einerfache Assymetrien heraus, die die Grundlage
der Differenzierung bilden. Die weitere Differenzierung erfolgt durch
einen Morphogengradienten, eine Interaktion zwischen Zellen und in
Abhängigkeit von deren spezifischen Programm.
Das Säugerei ist duch die Mutter geschützt und hat es in so fern nicht
nötig, die ersten Entwicklungsstadien schnell zu durchlaufen. Da es
ausserdem von der Mutter ernährt wird, benötigt es keine so grossen
Dotterreserven wie dies bei anderen Eiern der Fall ist.
Das befruchtete Säugerei bildet das 8-Zell-Stadium, in dem es als
Morula bezeichnet wird, erst nach 2,5 Tagen aus. Dann bildet sich eine
zentrale, flüssigkeitsgefüllte Höhle im Inneren aus. Dieser Zustand
wird Blastocyste genannt.
Nun umgibt eine äussere Zellschicht, das Trophektoderm eine innere
Zellmasse, die sich an einem der Pole ansammelt. Diese Zellmasse wird
später den eigentlichen Embryo bilden, während die äussere Zellschicht
zur Plazenta wird. Durch den Kontakt zwischen dem Trophektoderm und
der Uteruswand nistet sich der Embryo in letztere ein und beginnnt mit
der Differenzierung.
Die Zellen der Säuger sind bis zu dem Morula-Stadium mit acht Zellen
totipotent. Bei zu diesem Punkt kann man einzelne Zellen abtrennen und
Zwillinge erzeugen oder durch Verschmelzen mehrere Embryonen Chimären
herstellen.
Bringt man die Zellen der inneren Zellmasse in Dispersion, so erhält
man die so geannten Embryonalen Stamme (ES)-Zellinien, die sich
unbegrenzt teilen. Es scheint in der natürlichen Umgebung einen
sogenannten Leukämie-Hemmfaktor zu geben, der bestimmte
Entwicklungsschritte aufhält. Diese Zellen entsprechen den normalen
Zellen der inneren Zellmasse. Dies kann man ausnutzen, indem man die
ES-Zellen genetisch verändert und in eine Maus-Blastozyste
einbringt. Die sich so entwickelndet Maus trägt teilweise die
genetisch veränderten Zellen in sich. Wenn davon auch die Keimbahn
betroffen ist, so kann man diese Maus züchten und z.B. die
Auswirkungen eine Knock-out eines Gens untersuchen.
Zelldetermination
Nach der Differenzierung einer Zelle muss gewährleistet sein, dass
diese auch in ihrem Zustand bleibt und sich nicht weiter verändert.
Häufig erfolgt die Determination der Zelle scho vor ihrer
Differenzierung. Die Zellen der Somiten sind beispielsweise anfange
praktisch nicht von anderen Zellen zu unterscheiden, beginnen nach
ihrer Wanderung und Durchmischung mit den Zellen des Bindegewebes mit
der Synthese muskelspezifischer Proteine.
Determiniert ist die Zelle dann, wenn ihr weiterer Entwicklungsweg
festgelegt ist, während man die Differenzierung als den sichtbaren
Prozess der Veränderung bezeichnet.
Wenn man determiniertes Gewebe transplantiert, dann differenziert es
sich trotzdem zu dem seiner vorherigen Position entsprechenden
Gewebe.
Beim Muskel hat man mit MyoD einen Myogenen Protein einen Regulator
der Zelldeterminierung gefunden. Das Protein wird durch Dimerisierung
aktiv. Man nimmt an, dass es durch das Anbieten passender
Dimerisierungspartner aktiviert wird und sich dann durch postive
Rückkopplung selbst stabilisiert.
Das Gedächtnis der Zell kann man in drei Speicherformen unterteilen:
Neben dem cytoplasmatischen Gedächnis, wie es eben gezeigt wurde, bei
dem sich alle Komponenten im Cytoplasma befinden, gibt es noch eine
autokrine Form, bei der die Produkte sezerniert werden und dann von
aussen auf die Zelle (und natürlich die Nachbarzellen) rückwirken und
das nukleäre Gedächnis, bei dem - wie bei der X-inaktivierung oder
dem Imprinting - Strukturen der DNA geändert werden und so zu einer
veränderten Expression führen.
Durch Transplantationsexperimente konnte man zeigen, dass Zellen einen
Positionswert bestizten, der festlegt, an welcher Position die sich
befinden und wie sie auf die Signale benachbarter Zellen reagieren.
Schon in der Beinkonspe des Hühnerembryos ist die Information für
dessen Determination festgelegt. Transplantiert man einen Teil der
Beinknospe in die Flügelknospe, entwickelt er sich trotzdem zu einem
stück des Beins, das aber an die relative Position innerhalb des
Flügels angepasst ist.
Werden durch Transplantation (z.B, am Schabenbein) zwei Zellen aus
unterschiedlichen Regionen zusammen gebracht, dann teilen sie sich so,
dass die Lücke gefüllt wird und eine Kontinuität zwischen den beiden
Geweben entsteht.
Dies nennt man die Interacalationsregel.
Der Nematode C. elegans besteht aus 959 somatischen und rund 2000
Keimzellen bei einem Geschlecht und aus 1031 somatischen und 1000
Keimzellen beim anderen Geschlecht.
Es gibt zwei Geschlechter: die Männchen und die Hermaphroditen, die in
begrenzter Menge Spermien produzieren und sich auch selbst befruchten
können. Er ist ein einfach gebautes Tier mit einer überschaubaren
Anzahl an Genen und vor allem verläuft seine Entwicklung praktisch
immer gleich.
Dadurch, dass C. elegans druchsichtig ist, konnte man durch reine
Beobachtung eine genaue Abstammungsanalyse erstellen, mit der man
den Stammbaum einer jeden Zelle nachvollziehen kann.
Dabei hat man festgestellt, dass die einzelnen Gewebe nicht von einer
Urzelle, sondern teilweise von mehreren Zellen abstammen.
Mutationen in den Entwicklungsgenen von C. elegans lassen sich
zumeist bestimmten Bereichen des Stammbaums zuordnen.
Die Entwicklung der Eiablageöffnung, der Vulva wird von einer
speziellen Ankerzelle induziert. Man konnte Mutanten identifizieren,
bei denen dieser Prozess gestört ist und sich entweder keine oder
mehrere Vulvas ausbilden. So konnte man mehr als 30 Gene, die an
diesem Prozess beteiligt sind eindeutig identifizieren.
Man konnte durch weitere Analysen auch die Ketten, die zur Induktion
der Vulva führen, identifizieren.
Eine Mutation in den Kontrollgenen der Entwicklung kann
unterschiedliche folgen haben. Entweder verhalten sich die
Tochterzellen wie eine der Ursprungszellen, so dass die
Entwicklung nicht über ein bestimmtes Stadium herauskommt oder aber
jede Tochterzelle verhält sich wie die eingene Mutter und bringen
weitere Zellen hervor, was zu einem unkontrolloertem Wachstum führt.
Die Entwicklung der Zelle wird nicht von der Zellteilung
kontrolliert.
Bei der Entwicklung von C. elegans spielt ausserdem der programmierte
Zelltod eine wichtige Rolle. Die kontrolliert ablaufende Apoptose
beginnt mit einer Verdichtung des Zellkerns, dann schrumpft die Zelle
und wird in einem kontrollierten Prozess phagozytiert. Es sind immer
die selben 131 Zellen, die in den programmierten Zelltod gehen.
Man konnte drei für diesen Zelltod verantwortliche Gene
identifizieren. Deren Fehlen führt zu einer normalen Entwicklung der
Zelltod-Zellen, während ihre Überexpression zum Zelltod von sonst
überlebenden Zellen führt. Da Proteine, die die Apoptose beim Menschen
verhindern auch bei C. elegans wirksam sind, nimmt man an, dass dieser
Apparat phylogentisch sehr alt ist.
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