Unterabschnitte
Retroviren
Bei dem Transpositionsmechanismus der Retroviren unterscheidet sich
von dem der ,,normalen Transposons`` dadurch, dass immer eine
RNA-Zwischenstufe erforderlich ist. Diese Art von Transposons wird als
Retroposons bezeichnet.
Retroviren replizieren ihre einzelsträngige RNA über das
Zwischenprodukt einer doppelsträngigen DNA. Diese muss zwingend
notwendig in die Wirts-DNA integriert werden. Dadurch entsteht ein
endogener Provirus. Dieser ist ein transponierbares Element, bei
dessen Transposition auch zelluläre Sequenzen mitbewegt werden
können.
Für die Herstellung der ersten DNA-Kopie aus der RNA ist die Reverse
Transkriptase verantwortlich. Die so entstandene DNA wird über die
Integrase in das Genom des Wirts eingebaut. Diese DNA wird dann von
der Machinerie des Wirts transkribiert. Die so entstandene RNA dient
als mRNA und auch als Genom des Virus.
Dadurch, dass in den Virus zwei RNAs integriert werden kann dieser auf
diese Weise auch zelluläre Bestandteile aufnehmen oder - wenn eine
Zelle gleichzeitig von zwei Viren befallen ist - die RNA eines
anderen Virus zusätzlich zu der eigenen aufnehmen.
Die RNA kodiert für zwei hintereinander liegende Proteine, Gag und
Pol, wobei Pol nur dann abgelesen wird, wenn das Stop-Codon nach Gag
überlesen wird. Die Produkte dins Polyproteine, die von einer Protease
geschnitten werden.
Retroviren werden auch als Plusstrangviren bezeichnet, da sie mit
ihrer RNA bereits die Proteine codieren. Der aus der RNA erstellte
DNA-Strang wird als Minusstrang, der zweite DNA-Strang als Plusstrang
bezeichnet. Die DNA-Formen des Virus werden um Wiederholungssequenzen
verlängert.
Die Reverse Transkriptase benötigt für ihre Arbeit einen Primer. Dies
ist zunächst eine tRNA, die ca. 100 bis 200 Basen vom 5'-Ende
bindet. So synthetisiert die Reverse Transkriptase nur ein kurzes
Stück. Dann wechselt der Komplex aus RT und der neu synthetisierten
DNA die Matrize, wobei der R-Bereich am 5'-Ende abgebaut wird. Dadurch
das das Komplement des neu synthetisierten Stranges abgebaut ist, kann
dieser nun mit der R-Sequenz am 3'-Ende interagieren (sehr
wahrscheinlich mit dem 3'-Ende einer anderen RNA). Von dort aus kann
die RT mit der Umsetzung des gesamten Strangs fortfahren.
Nun wird die RNA abgebaut bis auf wenige Stücke, die als Primer für
die Synthese des zweiten DNA-Strangs dienen. An hand dieser Stücke
wird ein DNA-Strang synthetisiert, der bis in den Bereich des
ehemaligen 5'-Endes (100 bis 200 bp) hineinreicht. Dieser Bereich wird
als LTR (long terminal repeat) bezeichnet und lagert sich nun durch
die Homologie an dem 5'-Ende an und sorgt so für die Synthese eine
DNA, die an beiden Enden von einer LTR eingerahmt ist.
Der hier mehrfache von der RT verwendete Wechsel wird als Kopienwahl
bezeichnet.
Die Integration erfolgt an einer willkürlichen Stelle des Genoms und
wird durch die Integrase vermittelt. Dazu erzeugt die Integrase um
zwei Basen verkürzte 3'-Enden bei der viralen DNA und verbindet diese
mit dem passend aufgebrochenen Strang der Wirts-DNA.
Diese Integration kann nur während der Mitose geschehen, so dass der
Virus nur proliferierende Zellen befällt.
Bei einigen Retroviren ist die virale Sequenz durch ein Onkogen
ersetzt. Die Infektion einer Zelle mit einem solchen Virus kann die
Zelle transformieren und ihre Wachstumsbeschränkung aufheben.
Die virale Sequenz v-onc findet in der Zelle ihr zelluläres Homologon
c-onc. Man nimmt an, dass die v-onc-Sequenzen von den c-onc-Sequenzen
abstammen. Dadurch, dass der Virus mit diesen Genen die Proliferation
der Zelle beeinflusst, besitzt er einen Selektionsvorteil gegenüber
Viren, die z.B. ein Haushaltsgen aufgenommen haben.
In der Hefe findet man Ty-Elemente, die den Retroviren sehr ähnlich
sind. Ty steht für transposon yeast und hinterlässt eine
charakteristische Spur, da auf jeder Seite der Integrationsstelle fünf
Basen wiederholt werden.
Diese Elemente werden in zwei poly-A-RNAs umgesetzt. Die Ty-Elemente
haben zwei offene Leseraster in einer Richtung im 13 AS überlappend.
Einer codiert für TyA, ein DNAbindendes Protein und der andere für
TyB, einen Komplex mit Integrase- und RT-aktivität. Deren Funktion ist
Gag und Pol analog.
Die Ty-Elemente werden über ein RNA-Zwischenprodukt transponiert.
Die in Drosophila am besten charakterisierte Familie von Retroposons
ist copia deren Kopienanzahl zwischen 20 und 60 liegt. Die Länge der
Sequenzen liegt etwa bei 5 kbp und wird von zwei 5 bp langen
Wiederholungssequenzen eingefasst.
Auch bei copia findet man Gag- und Pol-Homolgons. Der genaue
Transpositionsmechanismus ist unbekannt.
Die Retroposons kann man in eine virale Superfamilie, die eine
infektiöse Form annehmen und die nichtvirale Superfamilie, die keine
Proteine mit Transpositionsfunktion codieren.
Bei Säugern findet man vor allem zwei Klassen von Retroposons, die
LINES und die SINES. Die LINES-Transkripte leiten sich von der
RNA-Polymerase II, die von SINES von der RNA-Polymerase III ab.
LINES umfasst ca. 6500 Kopien in einer Zelle und wurde ursprünglich
der nichtviralen Superfamilie zugeordnet; Homologien zur RT lassen
allerdings vermuten, dass in einigen Fällen auch eine
Transpositionsfähigkeit entstanden ist. Sie enden nicht mit den LTRs
und sind prozessierte Pseudogene, da ihnen der Promotor des
ursprünglichen Gens fehlt. Die Abstammung von einer RNA macht sich
ausserdem an dem teilweise noch vorhandenen Poly-Schwanz und dem
Fehlen von Introns bemerkbar.
Beim Menschen ist vor allem die Alu-Familie vertreten, deren
Mitglieder alle von dem Restriktionsenzym AluI geschnitten werden
können. Diese Sequenz ist mit den Signalerkennungspartikel
verwandt. Sie ist von Wiederholungssequenzen eingerahmt; allerdings
unterscheidet sich derern Länge bei den veschiedenen Mitgliedern der
Familie. Es ist noch nicht gelungen, ihre Funktion zu bestimmen
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