Nukleosomen
Das Nukleosom bildet bei allen Eukaryonten die Grundeinheit des
Chromatins. Das Nukleosom ist aus 200 bp in der Form eines Oktamers
aufgebaut. Die Proteinkomponente des Nukleosoms bilden die Histone.
Alle anderen Proteine - mit Ausnahme der Histone - werden als
Nichthistone zusammengefasst.
Der Histonoktamer besteht aus je zwei Kopien von den Histonen H2A,
H2B, H3 und H4. Diese werden als Core-Histone bezeichnet.
Das Histon H1 umfasst eine Gruppe von Proteinen, die zwischen Geweben
und Arten stark variieren. Ihre Funktion hat keinen Einfluss auf die
Struktur des Nukleosoms. Es liegt ausserhalb des Nukleosoms.
Durch die Assoziation der freien DNA mit dem Nukleosom entsteht der
sogenannte Core-Partikel, der - unabhängig von der Anzahl der Basen
im Nuklesom - von 146 bp DNA gebildet wird. Die Core-DNA ist
gegenüber einem Abbau sehr stabil, während die Linker-DNA (zwischen 8
und 114 bp) die restliche DNA ist.
H1 ist sehr wahrscheinlich mit der Linker-DNA assoziiert und scheint
an der Ein- und Austrittsstelle der DNA in das Nukleosom zu binden.
Man kann die strukturelle Periodizität der DNA-Bindung durch die
Nukleosomen zeigen, indem man die DNA mit einer DNAse so spaltet, dass
diese an der an der Oberfläche der Nukleosomen befindlichen DNA
Einzelstrangbrüche hervorbringt.
Die Übersprialisierung der DNA hat man - wie viele andere
Struktureigenschaften - an der SV40-DNA untersucht. Diese liegt im
Virus in Nukleosomen verpackt als Minichromosom vor.
Das Minichromosom lässt sich durch eine Veränderung der
Salzkonzentration in eine perlschnurartige Struktur auflösen. Die
Überspiralisierung wird durch die Packung unterdrückt, kann aber in
der DNA als Helix sichtbar gemacht werden, wenn man die Proteine von
dem Minichromosom ablöst. Die Bildung eines jeden Nukleosoms entfernt
eine negative Überspiralisierung.
Betrachtet man das Chromatin im Elektronenmikroskop kann man zwei
Arten von Fäden erkennen: einer hat einen Durchmesser von 10, der
andere von 30 nm. Der 10 nm - Faden wird von einer durchgängigen Reihe
von Nukleosomen gebildet. Diese Struktur kann sich auch ohne H1
ausbilden. Der 30 nm - Faden bildet sich vor allem bei höheren
Ionenstärken. Jede seiner Windungen besteht aus ca. 6 Nukleosomen. H1
ist erforderlich, damit sich diese Struktur ausbilden kann. Dieser Typ
bildet das Grundelement der Chromosomen in der Interphase wie auch in
der Mitose. Man nimmt an, dass H1 im Inneren der Fäden lokalisiert
ist.
Die Core-Proteine bilden zwei Arten von Komplexen: den
H32-H42-Tetramer und unterschiedliche Arten von
H2A-H2B-Dimeren. Diese bilden zusammen den Kern des Oktamers. Dessen
funktionelle Eigenschaften werden durch zahlreiche Modifikationen
(Acetylierung, Methylierung und Phosphorylierung)
beeinflusst. Eventuell wird über diese Veränderungen eine zyklische
Kontrolle der Struktur der Histone erreicht.
Die Struktur des Nukleosoms muss sich bei der Replikation und der
Transkription auflösen. Dazu muss die Struktur des 30- und sehr
wahrscheinlich auch die des 10 nm - Fadens aufgebrochen werden.
Dabei scheinen sich die Histone von der DNA zu lösen; aber schon kurz
nachdem die Tocherstränge gebildet wurden, sind auch diese mit
Histonen besetzt, so dass die DNA praktisch nie ohne Nukleosomen
vorliegt.
Dabei erfolgt die Assoziation der Proteine mit der DNA unter der
Beeinflussung von Hilfsproteinen. Diese Hilfsproteine scheinen als
Chaperone zu wirken und so die Bildung des Komplexes einzuleiten.
Der genaue Mechanismus wie sich die Nukleosomen bilden und wie und ob
sie sich bei der Replikation lösen ist noch nicht geklärt.
Die Positionierung der Histonoktamere an der DNA erfolgt bevorzugt am
bestimmten Stellen der DNA. Die bevorzugte Position scheint von einer
bestimmten Krümmung der DNA abzuhängen.
Bei der Transkription findet man stark transkribiertes Chromatin, das
nicht von Nukleosomen bedeckt ist und fast vollkommen gestreckt ist
sowie in anderen Fällen mit einer schwächeren Transkription eine
Kombination, bei der die Nukleosomen während der Transkription intakt
bleiben.
Dabei gilt es zu beachten, dass die RNA-Polymerase dem Nukleosom in
der Grösse in etwa entspricht. Da die Polymerase den DNA-Abschnitt
entwinden muss, muss sich dieser von der Oberfläche des
Histonkomplexes lösen. Man nimmt an, dass die Oktamere von der
Polymerase verschoben werden, sich allerdings nicht vollständig von
der DNA lösen.
Diesen Prozess kann man durch ein Schneiden der DNA mit der
Micrococcus-Nuklease, die zwischen den Nukleosomen schneidet,
beweisen. Das Schnittmuster dieses Enzyms ist nach der Transkriptions
so verändert, dass man erkennen kann, dass sich zwar nicht die Anzahl,
wohl abre die Position der Nukleosomen geändert hat.
Behandelt man das Chromatin mit DNase I kommt es an bestimmten
hypersensitiven Stellen zu erst zu Doppelstrangbrüchen. Die
Empfindlichkeit gegenüber der DNase I entspricht der Zugänglichkeit
und man kann deshalb davon ausgehen, dass diese Bereiche ausserhalb
der normalen Oktamere liegen.
Man kann diese Stellen den Promotorbereichen bestimmter Gene zuordnen,
da die Hypersisitivität auch nur dann verstärkt auftritt, wenn die
entsprechenden Gene transkribiert werden. Die Hypersensitivität ist
ein Charakteristikum der aktiven Gene und gilt als Merkmal von Genen,
die transkribiert werden können.
Das Entstehen der hypersensitiven Stellen ist eine Voraussetzung für
den Beginn der Transkription.
Die veränderte Empfindlichkeit definiert eine chromosomale Domäne,
deren Struktur verändert ist.
Man vermutet den Grund für die Empfindlichkeit in einer Acetylierung
des Promotor-Bereichs.
In den Bereichen des Heterochromatins ist die Transkription
unterdrückt, sie bleiben auch während der Interphase kondensiert und
die Bereiche werden in der S-Phase erst spät repliziert. Wenn man ein
Gen in einen an Heterochromatin angrenzenden Bereich einsetzt, wird es
inaktiviert. Diese Inaktivierung kann sich in einzelnen Zellen
unterscheiden und wird als Positionseffektvariegation bezeichnet.
Je näher ein Gen am Heterochromatin liegt, desto wahrscheinlicher ist
seine Inaktivierung.
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